Mein Blog, meine Regeln oder: Wieso ich denke, dass irgendjemanden meine Meinung interessieren könnte.
Warum macht man, was man macht? Das frage ich mich auch immer mal wieder. Oft begegne oder lese ich von Menschen, die einen Plan haben. Ein Ziel. Und diesen strikt und auch konsequent verfolgen. Die genau wissen, was sie wollen. Im Leben etwas erreichen. Etwas leisten. Wollen oder auch müssen. Die mit beiden Beinen fest im Leben stehen. Zielstrebig voranschreiten. Scheuklappen anlegen und strickt nach vorne blicken. Nicht der Weg soll das Ziel sein, sondern das Ziel ist das Ziel. Der Weg ist nur ein lästiges Übel das es leider oft blöderweise zu überwinden gilt. Aber mit dem Ziel vor Augen, nach Höherem strebend, nimmt man diesen Weg in Kauf. Kaum ist das Ziel erreicht, hält die Freude darüber nur kurz an. Wie ein Junkie späht man schon nach einem neuen, besseren Ziel. Selbstoptimierung, da geht noch was.
Höher, schneller, geiler. Immer 120 %. Besser wären natürlich 130%. So lautet der Plan. Der Berg will erklommen werden. Koste es noch so viel Mühe und Schweiss. Am Ende zählt der Erfolg. Es geschafft zu haben. Sich selbst etwas beweisen zu müssen! Das alles muss tief im Inneren verankert sein. Nur solche Menschen machen alles richtig. Und die Fitnessuhr tracked das erfolgreiche Leben fleissig mit.
Ich hätte da eine Frage: Warum?
Wir haben alle ein Ziel, nämlich erfolgreich zu sein. Womit? Manchmal egal. Hauptsache berühmt. So oder so ähnlich scheint es zu laufen. Ein Leben ohne Selbstdarstellung? Möglich aber sinnlos. Und um alles, womit man unzufrieden ist, kümmert sich die Fotofilter App. Frag mich welche Bildbearbeitungsapp ich verwende und du weisst, wer ich bin. Oder wer ich nicht bin. Das Leben ist komplett “durchgesocialmediat”. Eigenwortschöpfung. Sieht komisch aus, zugegeben, aber ihr wisst, was ich damit meine.
Instagram, TikTok, Twitter, dazwischen kurz auf Facebook, ein Blick auf die Fitnessuhr, schnell einen Smoothie, natürlich nur Localfoodkonform, vegan und Klimaneutral, Fotos vorbereiten für die Instastory, der WhatsApp Status ist auch noch nicht fertig, das Fitnessstudio wartet. Facebook ist zwar Oldschool aber was tut man nicht alles für die Zielgruppenerweiterung. Likes und Follower sind das Ziel. Und die neue Währung. All das ist erstrebenswert und wichtig. Ohne Leistung keinen Erfolg. So war das früher schon, so ist das heute. Augenscheinlich zwar anders, aber genau genommen irgendwie genau gleich. Das mit dem Leben funktioniert nun einmal so. Wer nichts hat, der kann nichts. So einfach scheint die allgemein gültige Erklärung.
Social Media und die Frage: macht mich Copypaste zum erfolgreichen Individualisten?
Die Antwort ist einfach: Nein. Aber das scheint, um es mit dem Wendler zu sagen, EGAL zu sein. Nichts wird wirklich hinterfragt. Stattdessen werden Trends einfach kopiert. Wer es schafft, setzt selbst einen Trend. Was, mal ehrlich, wohl kaum einer zustande bringt. Wer es also nicht hinkriegt, Trends zu setzen, der muss Trends wenigstens rechtzeitig erkennen und so bald als möglich kopieren. Quasi auf den neuesten Scheiss aufspringen. Denn keiner will den Anschluss verpassen. Und Follower wollen unterhalten sein. Gefüttert mit dem, was alle anderen eigentlich auch schon gemacht haben. Who cares… Guckt ja sowieso keiner richtig hin.
Und so sieht die Instastory all derjenigen, die zielstrebig auf eine Karriere als Individuum zustreben, aus wie die all der anderen. Immer mit dem Blick auf die eigene Selbstdarstellung. Ich bin anders als ihr. Blöd nur, dass keiner merkt, dass alle gleich sind. Individualität? Schwierig.
Klar. Jeder ist ein Einzelstück. Eigentlich. Das haben wir nur leider in dem ganzen Selbstdarstellungswahnsinn völlig vergessen. Wir wollen alles, was die anderen auch haben. Wir wollen aussehen wie die anderen. Und wir wollen das Anziehen, was alle anderen anziehen. Wir wollen erfolgreich sein. Wie all die anderen. Geld damit verdienen, wir selbst zu sein. Unser Dasein wird durch Likes definiert und unser Marktwert hängt von Followern ab. Statussymbol Followerzahl. Früher war es der Porsche, heute ist es der Porsche, ein Foto davon und die Likes untendrunter.
Meine Erkenntnis: Ich habe keine Ahnung und die Frage, wer ich eigentlich bin, bleibt unbeantwortet.
Ich habe nichts davon. Bin nicht so zielstrebig wie alle anderen. War ich aber auch noch nie. Ich wollte nie sein wie alle andere. Meine beiden Beine stehen locker auf der Erde. Nicht fest. Wurzeln Fehlanzeige. Mein Leben lebt mit mir so vor sich hin. Ich habe keine Pläne. Und keine Scheuklappen. Ich verfolge kein Ziel. Kämpfe nicht. Beisse mich nicht fest. Ich bin einfach kein Krieger und will mich auch nirgends festbeissen. Ich muss mir nichts beweisen. Und anderen erst recht nicht. Ich wüsste auch gar nicht, wieso. Ich will nicht kämpfen. Warum? Wieso denken wir, das Leben ist ein Kampf? Woher kommt dieses selbstverständliche Denken von “alles muss hart erarbeitet werden, sonst ist es nichts wert”? Und woher kommt nur dieses “wer nichts im Leben erreicht hat der hat sich nicht genug angestrengt.”
Das Leben ist gut. Aber auch ein Arschloch. Ich lebe gerne. Aber ich habe es nicht bestellt. Dieses Leben. Ich bin nur so da. Weil andere Menschen entschieden haben. Nicht ich. Ich muss mit dieser Entscheidung klar kommen. Genau deswegen bin ich nicht bereit, mich dafür auch noch rechtfertigen zu müssen. Ich wollte das alles so nicht. Aber ich wurde nicht gefragt. Ich muss mich durch Dinge kämpfen, die ich mir nicht ausgesucht habe. Ich soll mich in etwas einbringen, das nichts mit mir zu tun hat. Ich soll etwas leisten. Für die Gemeinschaft. Und die Gesellschaft. Damit manche Menschen ganz reich werden dürfen und andere von einem Euro am Tag leben müssen? Karma oder was? Mit welchem Recht? Aus welchem Grund?
Klug reden immer nur diejenigen, die mit Puderzucker im Popo aufgewachsen sind. Mit einer Extraportion Unterstützung, etwas Eigenkapital und solventen Eltern ins Leben gestartet sind. Mit einer Erbschaft lässt sich die Welt schon mal im Oldtimer-Bully erkunden. Mit offiziellem Wohnsitz bei Mama ists um ein vielfaches einfacher, unabhängiger Freigeist zu sein und nicht dem Mainstream entsprechen zu wollen. Daran denkt man natürlich nicht, wenn man all den tollen Profilen auf Instagram folgt. Und von einem Selbstzweifel in den nächsten verfällt.
Mein Leben ist ein wenig anders gelaufen, als man es sonst so kennt.
Glaubst du was du lebst?
Wäre ich gläubig, müsste ich jetzt eigentlich verzweifeln, weil ich denken müsste, der Typ, den alle Gott nennen, ist ein Arschloch der mich anscheinend überhaupt nicht leiden kann. Oder warum kommen sonst manche mit einem Silberlöffel im Arsch auf die Welt und andere müssen sich ihr Leben lang abstrampeln und erreichen dennoch nichts. Wenn harte Arbeit reich und erfolgreich machen würde, würde die Welt verdammt anders aussehen als sie es gerade tut. Kurz mal innehalten und darüber nachdenken.
Ich bin nicht gläubig. Ich war es vielleicht mal ein wenig. Ausversehen. Familiär bedingt wächst man als Kind ja oft in etwas hinein, ungefragt und nicht verhandelbar. Wir waren irgendwie katholisch. Zumindest ein Teil der Familie. Der andere Teil war evangelisch. Man hatte Konfirmationen, Firmungen, Taufen durchzufeiern. Warum? Weil man das so machte. Letztendlich hätte man sich das alles sparen können. Die paar besonders Gläubigen der Familie waren auch keine besseren Menschen. Den anderen war Kirche egal. Und am Ende sind die Klugen einfach ausgestiegen aus allem, was mit Glauben zu tun hatte. Und diejenigen, die weiterhin brav den Klingelbeutel gefüttert haben, sind letztendlich auch nicht glücklicher geworden. Einige sind von Gott oder Jesus fast schon besessen. Da kann man als bekennender Atheist nichts machen, ausser abwarten und zugucken und sich ein bisschen wundern.
Ich könnte jedoch ein wenig Spoilern denn letztendlich ist es egal, weil für alle dasselbe. Wir sind am Ende einfach alle tot. Wir können uns keinen Platz im Himmel erkaufen oder erbeten. Wenn das so wäre, wäre dieser Gott ein ziemlich ekliger Typ. Kategorie Trump. Alles versprechen, nichts einhalten und am Ende abkassieren. Da bleibe ich lieber ohne Glauben.
Bin ich der bessere Mensch, weil ich glaube? Komme ich dann in irgendeinen VIP Bereich und die anderen nicht? Man weiss es nicht. Wer sagt denn überhaupt, dass das so ist? Wer weiss das denn verlässlich? Wer war denn schon mal da und spricht aus Erfahrung? Also ich kenne niemanden. Und trotzdem: Sie beten und laufen in die Kirche oder in den Tempel, die Moschee oder manche auch von Tür zu Tür. Die stehen extra früh auf, weil man da besser beten oder meditieren oder was auch immer kann oder weil der liebe Gott morgens um halbfünf besser zuhört? Sie stehen in der Fussgängerzone herum und gucken gütig. Sie sind angesehen. Zwar nicht in der Gesellschaft, aber in ihrer Gemeinschaft. Und das ist wichtig. Man muss schliesslich Ziele haben. Und dafür muss man etwas tun. Von nichts kommt nichts. Sagt der Mensch. Komisch. Wenn ich ein gläubiger Mensch bin kann ich diesen Satz so wohl kaum unterschreiben. Schliesslich hat dieser Gott aus dem Nichts alles erschaffen. Also kommt sehr wohl etwas aus dem Nichts. Wenn ich glaube dann muss ich doch davon ausgehen, das von Nichts alles kommt. So und jetzt? Tja…. Amen.
Am Ende sind wir alle tot. Auch die vermeintlich Besseren. Das macht zwar nichts leichter, aber ist wenigstens ein bisschen gerechter.
Im Leben habe ich gelernt, dass die meisten in ihrem eigenen Leben eine völlig überbewertete Rolle spielen. Schon als Kind orientieren wir uns an den anderen. An diesen sogenannten Freunden. Die nicht selten genau so lange mit einem befreundet bleiben, bis jemand um die Ecke kommt, der interessanter erscheint. Leider weiss man das vorher nicht immer. Sonst würde man wahrscheinlich oft anders entscheiden.
Ich habe mich während der Schulzeit leider nach den Entscheidungen einiger Freunde orientiert und so für mich die falsche Schulwahl getroffen. Ich wäre woanders besser aufgehoben gewesen und wahrscheinlich wäre so ein Teil meines Lebens anders verlaufen. Dieses “HätteHätteFahrradkette” begleitet mich bis heute und ich werde nie wissen, wie es wäre, hätte ich mich damals für das für mich Richtige entschieden. Die Freunde von damals sind natürlich längst ihre eigenen Wege gegangen. Was okay ist. Aber ich hätte mich einfach nicht beeinflussen lassen dürfen.
Egal, wie gross der Freundeskreis auch erscheinen mag, wir sind in ganz vielen Situationen im Leben ziemlich alleine. Freunde sind nur solange da, bis es ungemütlich wird. Auch die vermeintlich guten Freunde. Das geht schneller, als man denkt. Da muss nur was passieren, was nichts ins Weltbild der anderen passt, und schwupps sind die meisten weg. Für Kompliziertes haben nämlich die allerwenigsten Zeit und Geduld und schon gar keine Energie. Die Kinder, Termine, Freizeitaktivitäten, das Haus, das Auto, der Fitnessklub, Kopfschmerzen, Rücken, geht gerade nicht weil wegen irgendwas. An Ausreden mangelt es selten.
Der Mensch ist ein Herdentier. Heisst es immer. Dafür ist er mir allerdings eine Spur zu egoistisch veranlagt. Unsere gemeinsame Schnittmenge mit anderen besteht genau so lange, bis einer von uns etwas besser kann, mehr verdient, befördert wird, mehr Anerkennung oder mehr Aufmerksamkeit erhält.
Die Oberflächlichkeit des Seins kann ganz schön frustrierend sein.
Aus diesem Grund schreibe ich. Ich schreibe nicht einfach nur um gelesen zu werden. Ich schreibe auch, weil ich etwas loswerden will. Und mich gerne mit anderen austausche. Ich schreibe, weil ich wissen will, wie es anderen geht. Weil ich denke, dass nicht nur ich denke, dass im Leben manchmal etwas ganz schön schief läuft.
Ich schreibe, weil ich mich suche, meine Aufgabe im Leben nie gefunden habe und den Sinn des grossen Ganzen im kleinen nicht verstehe. Schreiben hilft dabei, etwas Ordnung ins eigene Leben zu bringen. Dinge zu verstehen. Nachdem man überall von Meinungen fast erschlagen wird ist mir meine Meinung am Ende manchmal doch die liebste.
Komischerweise beruhigt es mich auch, wenn ich sehe, wieviele Menschen auf meinem Pinterest Profil vorbeischauen oder meinen Blog lesen. So habe ich das Gefühl, nicht alleine auf der Welt zu sein. Seltsam, ich weiss. Aber irgendeine Macke hat doch jeder von uns.
Wie geht es euch so? Habt ihr auch im Leben manchmal so Knabbermomente, in denen ihr denkt, es hätte anders laufen können, hättet ihr nur anders entschieden?
Schreibt mir einfach eure Meinung, eure Geschichte. Ich höre gerne zu.